Immer wieder hören wir in der Beratung diese Aussage. Entspricht dies aber auch tatsächlich der Realität? Kann ein Arzt oder eine Ärztin Steuern sparen, wenn die selbständige Erwerbstätigkeit aufgegeben wird und die Praxis in eine Aktiengesellschaft oder GmbH überführt wird?
Natürlich gibt es neben dem Thema «Steuern sparen» auch viele andere Punkte, welche den Entschluss zur Gründung einer AG oder GmbH beeinflussen. Eine Nachfolgeplanung oder ein Verkauf stehen in den nächsten Jahren an, mehrere Ärztinnen und Ärzte schliessen sich zu einer Gemeinschaft zusammen, Haftungsfragen stehen im Raum, etc. Dies sind nur einige Gründe, welche zur Gründung einer juristischen Person führen können. Uns interessiert in diesem Bericht jedoch die Betrachtung der Fragestellung aus Sicht der Steuern und der Sozialversicherungen.
Betrachtung der Steuern und Sozialversicherungen in der Aktiengesellschaft
Wenn sich eine Ärztin oder ein Arzt zur Gründung einer Aktiengesellschaft entscheidet, dann stehen aus steuerlicher und sozialversicherungstechnischer Sicht zwei Ziele im Zentrum:
1) Ein Teil des Lohnes soll neu als Dividende zu einem privilegierten Steuersatz bezogen werden
2) Durch das sinkende AHV-Einkommen können Beiträge bei der 1. Säule AHV/IV eingespart werden
Seit Einführung der Unternehmenssteuerreform II werden Dividenden, sofern der Einzelaktionär mehr als 10 % der Aktien eines Unternehmens besitzt, privilegiert besteuert. Diese Privilegierung ist beim Bund und den Kantonen unterschiedlich hoch. Beim Bund sind solche Erträge zu 70 % und z.B. im Kanton Bern zu 50 % steuerbar. Allerdings wird auf Stufe Unternehmung der Gewinn mit einer Gewinnsteuer belastet. Konsolidiert betrachtet ist der Vorteil also geringer, als er im ersten Moment zu sein scheint.
Die Verringerung des Lohnes zugunsten einer Dividende führt in der Aktiengesellschaft automatisch zu einem höheren Gewinn. Dieser Gewinn bildet dann auch einen Teil der Grundlage zur Bestimmung des Steuerwertes der Unternehmung. Dieser wiederum ist relevant für die Berechnung der Vermögenssteuer auf Stufe Inhaber. Einfach gesagt, je höher die Dividende zu Lasten des Lohns, desto höher der Gewinn, desto höher der Firmenwert, desto höher die Vermögenssteuer im Privatvermögen.
Unbestritten ist die Einsparung bei den Beiträgen der 1. Säule gegenüber einer selbständigen Erwerbstätigkeit. Bei gutverdienenden Personen haben die Beiträge ab einem Lohn von CHF 88’200 kaum mehr einen positiven Effekt auf eine spätere AHV-Rente und sind somit eigentlich eher als verdeckte Steuer zu verstehen.
Nachteile des reduzierten Lohnes
Der tiefere Lohn bietet leider auch einige Nachteile. So dient der AHV-Lohn bei den Sozialversicherungen als maximal versicherbarer Lohn, so auch im BVG. Wird also z.B. neu 60 % der Bezüge als Dividende bezogen, dann sinkt der AHV-Lohn um eben diese 60 % und damit auch die Sparbeiträge und die Einkaufskapazität im BVG.
Im folgenden Beispiel sehen Sie, wie sich die maximal mögliche Einkaufssumme in einem konkreten Beispiel reduziert: Arzt, 50 Jahre, Sparen 25 % des AHV-Lohnes, vorhandenes Freizügigkeitskapital CHF 900’000
Aktiengesellschaft | Selbständig | |
Dividendenbezug | 300’000 | – |
AHV-Einkommen | 200’000 | 500’000 |
Maximales Einkaufspotential | 1’259’000 | 3’147’500 |
Abzüglich vorhandenes Freizügigkeitskapital | -900’000 | -900’000 |
Restliches Einkaufspotential | 359’000 | 2’247’500 |
Der Arzt in der AG wird durch das tiefe Einkaufspotential künftig kaum Optimierungsmöglichkeiten bei den Einkommenssteuern haben. Der selbständige Arzt kann jedoch in den nächsten Jahren Einkäufe im Umfang von CHF 150’000 bis 200’000 pro Jahr machen und so eine enorme Steueroptimierung betreiben.
Weiter sinken bei einem tieferen AHV-Lohn auch die versicherten Leistungen. Insbesondere die reduzierte Prämienbefreiung auf den Sparbeiträgen im BVG ist häufig nicht kompensierbar. Eine Dividende kann i.d.R. auch nicht über private Versicherungen im Invaliditätsfall oder Todesfall abgedeckt werden, da sich auch diese auf das AHV-Einkommen abstützen. Es gibt nur wenige sehr spezialisierte Unternehmen, welche hier in beschränktem Ausmass Hand bieten können.
Wie sieht es mit der Thesaurierung der Gewinne in der Aktiengesellschaft aus?
Im ersten Moment scheint dies die perfekte Lösung zu sein. Die Gewinne werden weder als Dividende noch als Lohn bezogen, sondern einfach in der Aktiengesellschaft thesauriert, also stehen gelassen. Die Steuerlast sinkt dadurch tatsächlich. Nur leider werden die Steuern bei diesem Modell i.d.R. nur aufgeschoben und nicht aufgehoben. Einzig beim Verkauf der AG würde der Verkäufer einen steuerfreien Kapitalgewinn erwirtschaften. Dafür wird die AG durch die aufgehäuften Gewinne teurer und somit schwieriger verkäuflich. Zudem wird der Käufer, welcher die thesaurierten Gewinne selbst irgendwann versteuern muss, dies in den Kaufpreis einreichen. Einzig beim Kauf durch eine andere meist deutlich grössere Unternehmung gibt es Situationen, in welchen dann tatsächlich ein steuerfreier Kapitalgewinn für den Verkäufer resultiert. Das ist bei Arztpraxen aber eher die Ausnahme als die Regel.
Fazit
Es gibt zahlreiche Gründe, weshalb eine Ärztin oder ein Arzt die selbständige Erwerbstätigkeit aufgibt und sich neu in der eigenen Aktiengesellschaft anstellt. Für die Prüfung dieses Entscheids sollte aber unbedingt eine Vollkostenrechnung gemacht werden. Einkäufe ins BVG sind eine sehr einfache und enorm effiziente Art Steuern zu sparen. Darum müssen diese in dieser Kalkulation unbedingt miteinbezogen werden.